Stark auch ohne Muckis

Kinder stärken und ihnen beibringen, wie sie sich ruhig und besonnen in Konfliktsituationen verhalten – das hat sich Marco Turko auf die Fahnen geschrieben. Der Selbstbehauptungs- und Resilienztrainer hat die Schulanfänger aus unserer integrativen Kindertagesstätte „Wirbelwind“ aus Schalkau für vier Tage mit auf diese spannende Reise zu sich selbst genommen und ihnen gezeigt, wie man Mobbing in Liebe und Achtsamkeit verwandeln kann.

Schalkau/Almerswind – „Schwebe wie ein Schmetterling, stich wie eine Biene.“ Diese Worte von Boxlegende Muhammad Ali beschreiben nicht nur seinen Boxstil, sondern auch den Umgang mit Konflikten. Tapfer und mutig haben sich die Schulanfänger der integrativen Diakonie-Kindertagesstätte „Wirbelwind“ aus Schalkau dem Thema Mobbing gestellt – zwar nicht mit ihren Fäusten wie beim Boxen, aber mit ihren klugen Köpfen, ohne die es auch beim Boxen nicht ginge. Gemeinsam mit ihren Erziehern haben sich die 28 Vorschulkinder – der selbsternannte Schulanfängerclub – in zwei Gruppen aufgeteilt und für jeweils zwei Tage von Selbstbehauptungs- und Resilienztrainer Marco Turko im „Flechtwerk“ Almerswind coachen lassen. An insgesamt vier Tagen lernten „die schlauen Detektive“ und „die schlauen Entdecker“ von ihm Möglichkeiten, wie sie auch ohne Fäuste Konfliktsituationen bewältigen und sich gegen Mobbing wehren können. Denn das Motto lautete „Stark auch ohne Muckis“.
Mit dem Bürgerbus ging es nach dem Frühstück los in Richtung Almerswind. Schon die gemeinsame Fahrt war ein absolutes Highlight für die großen Wirbelwinde. Angekommen im „Flechtwerk“, erwartete sie Marco Turko bei ruhiger Entspannungsmusik in einem Sitzkreis. Nach einer ersten Vorstellungsrunde folgte schon die erste Übung. Während eines Stopp-Tanzes, bei dem Turko auf einer Rahmentrommel klopfte, liefen die Kinder durch den Raum und mussten bei „Stopp“ blitzschnell stehenbleiben und dem Trainer direkt in die Augen sehen. Wer besonders gut war, durfte sich auf einen Platz seiner Wahl setzen. In einer anschließenden Schauspielerrunde nahm Marco Turko verschiedene Charaktere ein und spielte sie den Kindern vor, die dann beschrieben, was ihnen aufgefallen ist.
Nun folgte eine wichtige Frage: „Wer ist der wichtigste Mensch in eurem Leben?“ Schnell kamen die Antworten, mit denen zu rechnen war: „meine Mama“, „mein Papa“, „meine Geschwister“ und so weiter. Doch das ließ der Trainer nicht gelten, sondern ging mit einer geheimnisvollen Schachtel von Kind zu Kind und ließ es hineinschauen. Denn dort befand sich der wichtigste Mensch: nämlich jeder selbst, den die Steppkes anhand des in der Schachtel versteckten Spiegels erkennen konnten.
Anhand großer gehäkelter Tiere zeigte Marco Turko den Kindern verschiedene Charaktere, so gilt etwa der Löwe als ruhig und entspannt, die Mücke als nervig und aufdringlich und das Schaf als gutmütig. Verbunden mit den dazugehörigen Bewegungen erhielten die Kinder ein Blatt mit den Tieren und ihren Merkmalen, sodass sie sich im Nachgang daran erinnern und gegebenenfalls handeln konnten. Mit Hilfe von Rollenspielen verdeutlichte Turko, wie sich Kinder in bestimmten Konfliktsituationen verhalten sollten bzw. wie sie sich geschickt aus solchen entfernen können. Und immer wieder signalisierte der Trainer den Kindern mit Worten, dass sie sich das Gute in ihr Leben holen sollen. „Ich bin nicht perfekt, und das ist gut so! Ich mag mich so, wie ich bin!“, lautete der Leitsatz. Zwischen all den aktiven Teilen des Trainings baute Turko Meditationen ein, kurze Traumreisen zu ruhiger Musik und einem kleinen Edelstein, der als Schlüssel zum individuellen Kraftort diente. Weiter ging es mit den praktischen Übungen, während der er jedes Kind am Arm festhielt, woraufhin sich die Kinder lautstark und bestimmt mit den Worten „Lass meinen Arm los!“ wehren sollten.

In den weiteren Rollenspielen halfen den Kindern auch ihre mitgebrachten Gegenstände, zu denen sie einen besonderen Bezug hatten. Die meisten hatten ein Plüschtier dabei, das ihnen vermittelte, wie sie sich ohne Gewalt durchsetzen können und Beleidigungen nicht an sich heranlassen. Auch weitere Symbole, wie beispielsweise ein Herz, trugen dazu bei, gewaltfreie Konfliktlösungen anschaulich zu machen. Wird das Herz zum Beispiel zerknüllt, wird es verletzt. Sprechen die Kinder freundlich und aufmerksam miteinander, glättet sich das Herz und freut sich. Deshalb sei es so wichtig aufzupassen, was man zueinander sagt und wie man miteinander umgeht. Güte war dabei ein wichtiges Stichwort. Über diese Übungen gelangten die Schulanfänger zu ihren Gefühlen, die sie eindrucksvoll benennen und beschreiben konnten. Marco Turko zeigte ihnen, dass man auch aus schlechten Gefühlen gute machen kann. Ein wichtiges Thema war die Angst. „Hört auf eure Angst und lernt, im richtigen Moment ‚nein‘ zu sagen“, schärfte er ihnen ein. Denn Ängste sind aus guten Gründen da, und wenn man weiß, wie man mit ihnen umgeht, sind sie oftmals eine große Hilfe – gerade in Konfliktsituationen, ganz nach dem Motto: „Ich höre auf meine Angst. Sie zeigt mir den Weg.“
Nach Abschluss dieser anstrengenden und aufregenden Tage gingen alle Kinder gestärkt hervor und erhielten eine „Löwenseelen“-Urkunde als Belohnung. „Alle Kinder waren von diesen jeweils zwei Trainingstagen absolut begeistert und haben mit Stolz und Selbstvertrauen ihren Freunden im Kindergarten und ihren Eltern davon berichtet“, sagt Kita-Leiterin Diana Sell im Nachgang. „Wir denken, dass diese Aktion wertvolle Spuren hinterlassen hat und wichtig wäre für jedes Kind, gleich welchen Alters. Und so mancher Erwachsener könnte auch noch etwas dabei lernen“, ergänzt sie. Man sei sich im Team darüber einig, Marco Turko mit seinem „Löwenseelen-Training“ mindestens einmal pro Jahr für die Schulanfänger bzw. grundsätzlich für alle Kinder fest zu etablieren und zu ermöglichen.
Im Nachgang produzierte Turko ein rund 30-minütiges Video, in dem er die Eltern über die Inhalte und die Wichtigkeit seines Trainings informierte. Marco Turko hat seine Ausbildung zum Selbstbehauptungs- und Resilienztrainer bei dem Ausbildungsunternehmen SAOM („Stark Auch Ohne Muckis“) absolviert, ist TÜV-geprüft und zertifiziert. „‚Stark auch ohne Muckis‘ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mobbing innerhalb von 30 Jahren in Liebe und Achtsamkeit zu verwandeln“, fasst er das Ziel zusammen. „Ich wollte unbedingt ein Teil davon sein, und nun bin ich es. Ich möchte das Zusammenleben erleichtern und bewirken, dass Kinder ihren sicheren Hafen ‚Zuhause‘ haben“, fährt er fort. „Es liegt an uns, was wir jeden Tag daraus machen. Alles beginnt jedoch bei uns selbst. Danke, dass ich die Kinder von Schalkau stärken durfte“, sagt er: „Es hat mir große Freude bereitet. Auch, dass ihr so tolle Erzieher und so ein Spitzen-Team seid.“
Die Idee zu diesem Projekt stammte ursprünglich von André Kranich, dem Inhaber des „Flechtwerk“ in Almerswind, der sich um sämtliche Vorgänge im Vorfeld gekümmert hat. So stellte er beispielsweise sämtliche Förderanträge zur Finanzierung des Projekts und die Räumlichkeiten zur Verfügung. „Mit seiner Idee ist er dann an unseren Erzieher Alexander Komann und unseren Förderverein herangetreten, der das Ganze organisatorisch und auch finanziell mit unterstützt hat“, erklärt Sell. Transportiert wurden die Kinder mit dem Bürgerbus der Stadt Schalkau, der für diese vier Tage über den Förderverein bei der Stadt gebucht wurde. Damit auch alle sicher nach Almerswind kamen, stellte Kindergarten-Papa Michael Wohl einen kompletten Satz Kindersitze zur Verfügung, wofür ihm an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Das gesamte Projekt wurde im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend sowie dem Landesprogramm „Denk bunt“ des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport gefördert. „Hierfür ein herzliches Dankeschön“, sagt Diana Sell im Namen aller Kinder und des gesamten Teams und ergänzt: „Nicht zuletzt bedanken wir uns bei Marco Turko für seinen Einsatz, bei André Kranich, den Mitgliedern unseres Fördervereins und der Stadt Schalkau.“

Diakoniewerk der Superintendenturen Sonneberg und Hildburghausen/Eisfeld e.V.
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