Den diakonischen Gedanken leben
Superintendent Thomas Rau hat den Kirchenkreis Sonneberg verlassen. Mit vielen schönen Erinnerungen an eine kurze, aber intensive Dienstzeit haben sich die Mitarbeiter des Diakoniewerkes Sonneberg und Hildburghausen/Eisfeld von ihm verabschiedet.
Sonneberg – „Dös ich mol vor an Pfarrer plauder dörf…“, wundert sich Gustav Luthardt, seines Zeichens Mundartschreiber, Schnitzer und Multitalent aus Mengersgereuth-Hämmern, als ihm im Bürgerhaus Hönbach das Wort übertragen wird. Nach kurzer Vorstellung in eigener Sache und weiterer Verwunderung greift er in die Textblätter und trägt seine Version der Schöpfungsgeschichte vor: „Wie ich mer dös Paradies fürstell…“ – in astreiner itzgründischer Mundart und sehr zur Freude der Anwesenden und des vorrangig Angesprochenen: des scheidenden Superintendenten des Kirchenkreises Sonneberg, Pfarrer Thomas Rau, glühender Mundart-Verehrer. Wegen ihm haben sich Mitarbeiter aus unterschiedlichen Einrichtungen des hiesigen Diakoniewerkes versammelt, wegen ihm haben die Kinder des „Naturstübchens“ ein rührendes Programm vorbereitet, wegen ihm erzählt Gustav Luthardt die Geschichte von Adam und Eva.
2019 hatte Rau das Amt des Superintendenten übernommen und die Nachfolge von Wolfgang Krauß angetreten, der die Geschicke des Kirchenkreises Sonneberg 13 Jahre lang lenkte. Und wie Krauß hatte auch Rau von Amts wegen einen Sitz im Verwaltungsrat des Diakoniewerkes inne – eine Aufgabe, die er von Beginn an ernst nahm und der er sich offen und authentisch stellte.
Musik und Mundart fielen ihm als erstes ein, wenn er an den scheidenden Superintendenten denke, sagt Klaus Stark, geschäftsführender Vorstand des hiesigen Diakoniewerkes. „Sie sind in wahrlich große Fußstapfen getreten und haben die enorme Herausforderung des Amtes angenommen“, fährt er fort. „Manchmal habe ich mich sogar gefragt, weshalb Sie Superintendent geworden sind, denn Sie sind ein vortrefflicher Pfarrer“, betont Stark schmunzelnd und in Anlehnung der Mundart-Gottesdienste, die Rau beispielsweise zum Tag der Franken 2019 hielt. Doch vor allem während des Lockdowns habe er sich in seiner Funktion bewährt und den Kirchenkreis sicher durch diese Mammutaufgabe geleitet, wofür Stark sich auch im Namen des Verwaltungsrates bedankt.
„Mein Start als Superintendent war rasant“, erinnert sich Thomas Rau. Sehr oft sei er unterwegs gewesen, viele Aufgaben galt es zu bewältigen. „Nur ein Jahr später ereilte uns alle die Pandemie, und auch wir als Kirche waren zum sogenannten Lockdown gezwungen“, sagt der 60-Jährige. „So saß ich den ganzen Tag daheim und nahm an Videokonferenzen teil.“ Neue Wege mussten gefunden werden, um den Kontakt zu den Menschen nicht zu verlieren, ihnen Trost und Zuspruch zu spenden, den sie in dieser Zeit mehr als sonst benötigten. Mit Hilfe von Videobotschaften fand sich ein komfortabler und umsetzbarer Weg, nicht nur zu den Kirchenmitgliedern Verbindung aufzunehmen und zu halten – ein Weg, der besonders Schwester Annette Hellbach in Erinnerung geblieben ist, die als Pflegedienstleitung im Altenpflegeheim „Annastift“ die Anfangszeiten des Lockdowns hautnah miterlebt hat.
In Erinnerung an gemeinsame Zeiten schwelgen auch Ulrike Buenger und Christine Kalies, beides Mitarbeiterinnen im Diakoniewerk und Mitglieder der hauseigenen Fachgruppe „Geistliches Leben“: „Mit dir zusammenzuarbeiten war stets unkompliziert“, sagt Buenger. „Freundlich und offen bist du auf die Menschen zugegangen, ohne oberflächlich zu sein.“ Kollegin Kalies ergänzt: „Es hat immer gutgetan, wenn du dabei warst, und ich habe viele schöne Erinnerungen, die mir nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind.“ Weniger Worte braucht Steffen Breitung, Gesamtwerkstattleiter der Werkstätten für angepasste Arbeit (Wefa); umso symbolischer ist das Abschiedsgeschenk, das er im Namen der Beschäftigten und Mitarbeiter im Gepäck hat: einen Birnbaum, mit dem die Werkstätten am Standort Sonneberg „Auf Wiedersehen“ sagen.
Diese kleinen Gesten sind es, die den scheidenden Superintendenten und seine Frau Sibylle besonders berühren. Sie zeigen die Verbundenheit zwischen Kirche und Diakonie, denn: „Das Diakoniewerk ist eine wichtige Klammer und ein ebensolcher Partner gerade bei der künftigen Umstrukturierung der Kirchenkreise“, betont Rau. „Das Diakoniewerk ist die DNA des Kirchenkreises, und jeder kann etwas beitragen. Deshalb müssen wir uns immer neu untereinander verbinden.“ Gerade am Anfang seines Dienstes seien die Meinungen auch einmal auseinandergegangen, erinnert er sich. „Doch ich habe stets versucht zu transportieren, dass wir eine dienende Gemeinschaft sind, so wie es von Anfang an war. Kirche kann nur Kirche sein, wenn sie den diakonischen Gedanken lebt.“
Thomas Rau und seine Familie schlagen wegen gesundheitlicher Belastungen einen neuen Weg ein. Er wird im Pfarrdienst bleiben, jedoch nicht im Kirchenkreis. Doch wer weiß? Vielleicht klappt es ja doch mit einem gemeinsamen Gottesdienst von Pfarrer Rau und Gustav Luthardt – in itzgründischer Mundart, versteht sich.